Press

Thomas Hampson

Artikel aus der Zeitschrift Heimspiel, Ausgabe 06/2002
Von Wilhelm Sinkovicz

image

Thomas Hampson, Jahrgang 1955, hat zunächst Politologie und Internationales Recht an der East Washington University studiert. Eine Musikerlaufbahn kam ihm erst in den Sinn, als man seine stimmlichen Kapazitäten entdeckte. So inskribierte er an der University of South California, Los Angele, um ein Gesangstudium zu beginnen. Mit der Entdeckung seiner prächtigen, auch und gerade in der Höhe voll expansionsfähigen Stimme war das Schicksal besiegelt: Immerhin sieht er aus wie ein Filmschauspieler, verfügt außerdem über einen prächtig timbrierten Bariton. Wer, wenn nicht dieser Mann, sollte auf den internationalen Bühnen Karriere machen? Hampson war denn auch bereits 1979 Gewinner der Lotte Lehmann-Medaille der Music Academy of The West in Santa Barbara (Kalifornien) und gewann danach Preise in Serie.

So wurde die Alte Welt auf ihn aufmerksam. Bald berichtete man über einen neuen steigenden Stern am Opernfirmament. Die europäische Bühnenlaufbahn Thomas Hamspons begann 1981 an der Deutschen Oper am Rhein, wo man ihn zunächst für kleine Rollen, danach aber bald als Guglielmo in Mozarts “Così fan tutte”, Figaro in Rossinis “Barbier von Sevilla” oder Belcore in Donizettis “Liebestrank” einsetzte. Über Köln, Hamburg und Bonn kam Thomas Hampson ans Opernhaus von Zürich, dem er seit Mitte der achtziger Jahre verbunden ist. Sein Don Giovanni 1987 erregte internationales Aufsehen, im Jahr darauf war der Künstler bereits der Graf in der Salzburger Festspielproduktion von Mozarts ‘Hochzeit des Figaro’, eine Rolle, mit der er, zurück in den USA, 1986 in der Metropolitan Opera von New York triumphal debütierte.

image image

Die Met hat Hampson daraufhin immer wieder eingeladen, und zwar in Rollen der unterschiedlichsten Couleurs, die die enorme Spannweite seines Repertoires widerspiegeln. Ob Valentin in Gounods “Faust” oder Doktor Falke in der “Fledermaus”, ob Don Giovanni oder Rossini-Figaro.

Seit 1986 ist Thomas Hampson auch Mitglied der Wiener Staatsoper, wo ihn Claudio Abbado, damals musikalischer Leiter des Hauses, unter anderem auch für eine im Theater an der Wien herausgebrachte Rarität wie Franz Schuberts “Fierrabras” engagierte. Für solche selten gespielte Werke, die ihm bedeutend und zu unrecht vergessen erscheinen, hat sich Hampson immer wieder eingesetzt. So debütierte er 1993 an der Oper von Monte Carlo in der Titelrolle der Oper “Hamlet” von Amboroise Thomas und hat diese Partie in verschiedenen Produktionen weltweit gesungen. Er wirkte in San Francisco aber auch an der Uraufführung der Oper “The Dangerous Liaisons” von Conrad Susa mit. Das Interesse des Künstlers für das Schaffen von zeitgenössischen Meistern lässt sich ebenfalls über die gesamte Laufbahn verfolgen. Schon früh in seiner Karriere, in Darmstadt, hatte Hampson Hans Werner Henzes “Prinzen von Homburg” gesungen. Es ist also konsequent, dass die Wiener Staatsoper Hampson demnächst mit der Hauptrolle in der Uraufführung der neuen Oper von Friedrich Cerha, “Der Riese vom Steinfeld”, präsentiert.

Thomas Hampson ist jedoch nicht nur auf den Opernbühnen, sondern in den Konzertsälen der Welt gern gesehener Gast. Mit Leonard Bernstein hat er viele Orchesterlieder Gustav Mahlers aufgenommen. Seine intellektuelle Kapazität nutzen seit geraumer Zeit auch die Verleger: Für die kritische Neu-Ausgabe der Lieder Gustav Mahlers fungiert Hampson als Berater. Vom Opernverführer bis zum Pädagogen spannt dieser Künstler also einen erstaunlich weiten Bogen, den er im Vorfeld der Cerha-Uraufführung, zurück von Aufführungen von Strauss’ ‘Arabella’ in Paris, im Gespräch anlässlich der Radiokulturhaus-Reihe ‘Klassische Verführung’ auch abstecken wird.