Stuttgarter Nachrichten: Hugo-Wolf-Medaille für den Bariton Thomas Hampson
Thomas Hampson widmet sich gemeinsam mit Pianist Wolfram Rieger intensiv dem Kunstlied. Seit Jahrzehnten steht ihm dabei der an der Seite. In Stuttgart ist das Liedduo jetzt bei einem Festkonzert von der Hugo-Wolf-Akademie ausgezeichnet worden.
Stuttgart – Es sei schade, meinten einige, dass Thomas Hampson nicht selbst bei der Verleihung der Hugo-Wolf-Medaille singe. Aber man kann Hampson verstehen. Nicht nur gilt der Amerikaner als sensibel, ganz grundsätzlich erscheint die körperliche wie mentale Vorbereitung auf ein Liedkonzert schwer vereinbar mit dem Stress einer Preisverleihung und den damit verbundenen Pflichtübungen, sofern man den Liedgesang nicht bloß als Routineübung begreift. Und genau das widerspräche Hampsons Anliegen zutiefst, der sich seit den 80er Jahren neben seiner internationalen Karriere als Opernsänger intensiv dem Kunstlied widmet – wobei er von der landläufigen Trennung von Opern- und Liedsängern nicht viel hält. Schließlich, so sagte er in einem Interview, gehe es immer um Gesang: In der Oper sei dieser Teil einer großen Geschichte, beim Lied dafür Regisseur, Bühnenbildner und Sänger in einem.
Hugo-Wolf-Akademie – Auszeichnung für Sängerin Elly Ameling Liederabend mit Michael Nagy – Wer nie sein Brot mit Tränen aß Heidelberger Frühling – „Ich habe einen langen Atem” Hampson nimmt das Kunstlied ernst, und auch dafür wurde der 62-jährige Bariton nun ausgezeichnet – zusammen mit dem Pianisten Wolfram Rieger, der ihn seit 25 Jahren begleitet. Hansjörg Bäzner, der Vorstandsvorsitzende der Internationalen Hugo-Wolf-Akademie, bezeichnete in seiner Rede die Beziehung der beiden als „außergewöhnliche Liedpartnerschaft“: Erstmals in der Geschichte dieses zum siebten Mal verliehenen Preises habe man deshalb jetzt ein Liedduo ausgezeichnet.
Musikpreise, sagt Eleonore Büning, kommen immer zu früh oder zu spät
Dass die althergebrachte Hierarchie zwischen Vokalsolisten und dienendem Begleiter überholt sei, betonte auch die Musikjournalistin Eleonore Büning in ihrer kurzweiligen Laudatio. Büning begann mit der so gewagten wie interessanten These, dass Musikpreise eigentlich immer zum falschen Zeitpunkt kämen. Vorschusslorbeeren für Kinder bedeuteten für diese eine schwere Hypothek, und Auszeichnungen für das Lebenswerk von Künstlern seien überflüssig, schließlich hätten diese bis dahin den Hauptgewinn doch längst gezogen: das Publikum.
Es folgten eine Würdigung der Verdienste beider Preisträger, und dann, ausgehend von Schumanns Diktum, Töne seien „höhere Worte“, einige kluge Reflexionen über das Verhältnis von Sprache und Musik. Diese mündeten in in das Bekenntnis, dass ein historisches Kunstwerk letztlich in einer fremden Sprache zu uns spräche, für die man Übersetzer brauche. Womit Büning wieder beim Duo Hampson/Rieger war, für die der Preis genau zum richtigen Zeitpunkt käme – eine Vorlage, die Hampson launig aufnahm, indem er seinen Kompagnon Rieger als „immer noch sehr vielversprechenden jungen Mann“ bezeichnete. Dazu betonte er die Verantwortung, die er als Mentor für junge Sänger habe, wobei er sich weniger um den künstlerischen Nachwuchs Sorgen mache als um Nachwuchs beim Publikum.