Rhein Neckar Zeitung: Thomas Hampson sang Mahler, Zemlinsky und amerikanische Komponisten
Heidelberg. Über Liebeslieder zum Frühling ist Thomas Hampson längst hinaus. Er stellte seinen jüngsten Liederabend während des “Heidelberger Frühlings” unter das Motto “Freiheit!” und präsentierte dazu in der Heidelberger Stadthalle eine spannende Auswahl ebenso anspruchsvoller wie ungemütlicher Lieder.
Hampson begann mit einer Reihe gallig schwarzer Stücke wie “Lied des Verfolgten im Turm” in der Vertonung durch Gustav Mahler. Durch den Einsatz unterschiedlicher Farben in seiner Stimme zeichnete der Bariton den Dialog nach. Ausgesprochen dramatisch legten Hamp-son und sein kongenialer Partner am Flügel, Wolfram Rieger, die bitteren Lieder über die Kehrseite von Militär und Krieg an. Rieger illustrierte in seinem Spiel die anklingenden Märsche, die Trommeln und Pfeifen, von denen in den Texten die Rede ist.
Zemlinskys Lied “Mit Trommeln und Pfeifen” führt diese Instrumente schon im Titel. Hampson versetzte sich in die Situation des kriegsversehrten Ex-Soldaten, der diese Musik nicht mehr hören mag.
Zu dieser Thematik passten hervorragend die ins Programm aufgenommenen Lieder “Der Tamboursgsell” und “Revelge”. Aus diesen dunklen Stücken machte Thomas Hampson packende Seelenporträts. “Das Lied ist der Spiegel der Welt”, sagte der Sänger, nachdem er dem gebannt lauschenden Publikum die weitgehend unbekannte Welt amerikanischer Lieder des 20. Jahrhunderts eröffnet hatte. Charles Ives hatte sich in Liedern wie “Tom sails away” und “In Flanders Fields” für die Teilnahme der USA am Ersten Weltkrieg engagiert.
Sehr eindrücklich fiel Hampsons Interpretation von Michael Daughertys “Letter to Mrs Bixby” aus. Der Brief und seine Vertonung sind ein anrührendes Dokument, das an das Leid der Familien erinnert, selbst wenn man ihnen versichert, die Freiheit sei das Opfer wert. Anlässlich des Gedenkens zum 150. Jahrestag des amerikanischen Bürgerkrieges 2015 hat Jennifer Higdon fünf Gedichte vertont – sie sind Hampson gewidmet. Der Bariton entfaltete auch hier seine Kunst, im Gesang Gefühle auszuleuchten.
Die afroamerikanische Seite kam in den Liedern “Ethiopia saluting the Colors” und “The negro speaks of rivers” zum Ausdruck, von Hampson und Rieger klangschön und facettenreich interpretiert. Der vor den Nazis geflohene Komponist Jean Berger wusste sicher genau, was er mit dem Gedicht “Lonely People” vertont hat. Hampson deklinierte das Mantra der einsamen Leute mit großer Intensität. Als letzter Aspekt der Freiheit widmeten sich Hampson und Rieger der einst verbotenen gleichgeschlechtlichen Liebe in Form eines Liedes von Leonard Bernstein: So ein Liederabend sei “ein Fest des menschlichen Geistes”, erklärte der Sänger, der durch die Auswahl ebenso wie durch die grandiose Wiedergabe der Stücke eine klare Stellungnahme gab, für die Freiheit und für die Menschenrechte.