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Liederlust mit Hampson in Heidelberg

Von Hannah Glaser | Crescendo

Das neue Projekt der „Heidelberg Lied Academy“ unter der Leitung des Star-Baritons Thomas Hampson bringt die Stadt am Neckar auf die Zielgerade zur Festivalstadt von Weltformat.
Bei einem Pressegespräch in Heidelberg stellten Festspielchef Thorsten Schmidt und Thomas Hampson am Montag dieser Woche das Akademie-Projekt vor, das im Rahmen des Klassikfestivals „Heidelberger Frühling“ im März 2011 zum ersten Mal stattfinden wird.


Thomas Hampsons bezwingende Bühnenpräsenz funktioniert auch jenseits der Konzertsäle. Am Vorabend der Pressekonferenz hatte der Sänger das Mannheimer Publikum bei einem Galaabend mit Arien von Rossini (Wilhelm Tell), Tschaikowsky (Eugen Onegin) und Verdi (Don Carlos) zum Toben gebracht und bat deshalb zu Beginn des Pressegesprächs am nächsten Morgen im Hotel Europäischer Hof in Heidelberg um Nachsicht für seine Müdigkeit. Doch was er dann zu sagen hatte, weckte alle im Saal. Kultur hat für den weltweit gefragten Bariton nichts mit Entertainment zu tun, sondern ist ein „Leuchtturm des menschlichen Miteinander und Benehmens“. Den Sänger sieht Hampson als Stellvertreter, der auf der Bühne vermitteln darf, was Komponisten und Dichter oder Librettisten im Kontext ihrer Zeit erschufen. Deshalb muss es dabei immer um die Inhalte gehen: „Nur zu singen um die Stimme auszustellen fände ich widerlich“.

Das gilt nicht nur für die Oper, sondern vor allem für das Kunstlied, das ganz ohne Bühnenzauber und dramatische Handlung wirken muss. Damit man aber die Chiffren und Sprachsymbole der „Gedichte im Gespräch mit der Musik“ nicht nur hört sondern auch versteht, braucht es „Bildung statt Ausbildung“ – und hier soll die neue Heidelberg Lied Academy ansetzen. Neben der musikalischen Arbeit wird das Textverständnis im Vordergrund stehen: Zu welcher Zeit wurde der Text geschrieben, was waren die politischen und sozialen Bedingungen, welche Bilder und Metapher wählt der Dichter und warum.

Thema der ersten Lied Academy werden Lieder auf Texte von Heinrich Heine sein, „der letzte des Alten und der erste des Neuen“ wie er sich selbst nannte, der letzte Dichter der Romantik und gleichzeitig ihr Überwinder. Es wird Workshops geben zur Symbolik in Heines Texten, zum historischen Kon-text der Lieder und zur Bedeutung des Klaviersatzes im Kunstlied – hier wird Hampsons kongenialer Begleiter Wolf-ram Rieger ausführlich zu Wort kommen. Im Gesprächsformat „Hampson im Dialog“ sind thematisch offene Gespräche mit Partnern aus der Musikwelt geplant, beispielsweise wird im Dialog mit dem Kulturwissenschaftler Jens Malte Fischer eine Interpretationsgeschichte des Lieds entwickelt.

Zentrum der Lied Academy ist die interpretatorische Arbeit in zwei Masterclasses, mit Thomas Hampson und Wolfram Rieger (16. – 22. März) und mit Barbara Bonney (23. – 26. März). Die TeilnehmerInnen der Masterclasses werden bei Auditions in Zürich (12. Dezember) und New York (9. Januar 2011) ausgewählt – und die Latte wird hoch liegen, Anfänger haben in dieser Liga keine Chance. Thomas Hampson: „Wir wollen Leute holen, die eine Karriere vor sich haben, die mit ihrer Ausbildung fast fertig sind und bereit zu einer intensiven Beschäftigung mit den Inhalten.“ Die acht ausgewählten SängerInnen und maximal vier PianistInnen kommen als Stipendiaten nach Heidelberg, mit einem Full Scholarship des Heidelberger Frühling. Ermöglicht wird die Lied Academy durch die Festivalsponsoren, aber Festivalchef Thorsten Schmidt hofft auch auf „musikbegeisterte Bürger, die sich bereit erklären, für einen konkreten Stipendiaten eine Patenschaft zu übernehmen, um beispielsweise die Reisekosten oder die Unterkunft zu tragen“.

Alle Veranstaltungen der Lied Academy sind öffentlich. Eröffnet wird sie durch eine Liedmatinee mit Thomas Hampson und Wolfram Rieger, zweiter Höhepunkt ist das Abschlusskonzert der Stipendiaten.

Details unter www.heidelberger-fruehling.de